„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Geschwisterlichkeit begegnen.“
(Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte)
Auf diese Formel können sich in unserer aufgeklärten und globalisierten Welt wohl die meisten Menschen einigen. Erst recht, wenn sie in der Mitte Europas in Wohlstand und Überfluss leben. Aber genau diese Art von Wohlstand, der längst einen Überfluss an Waren und Konsumation bedeutet, ist es, die das edle Ziel der Gleichberechtigung und Freiheit aller Menschen immer mehr infrage stellt und in der Folge wieder in weite Ferne zu rücken droht. Heute schon, und erst recht in der Zukunft.
Wir sind wirtschaftlich an einem Punkt angelangt, an dem wir alle auf Kredit leben, da wir bereits die Ressourcen nachfolgender Generationen anzapfen. Wir berauben somit unsere Kinder ihrer Zukunft, während wir doch eigentlich das Beste für sie wollen. Das mittlerweile selbstverständliche Verbrauchen von Resourcen künftiger Generationen ist nichts anderes als die chronische Verletzung und Missachtung des Menschenrechts auf Zukunft und gutes Leben dieser künftigen Generationen.
Geht’s uns zu gut?
Jährlich wiederholt sich am 10. Dezember der Tag, an dem 1948 die allgemeine Erklärung der Menschenrechte postuliert wurde. Vieles von dem, was damals als Grundrecht der Menschen festgeschrieben wurde, haben europäische Gesellschaften in einem nie dagewesenen Ausmaß erreicht: Bildung, Altenversorgung, Gesundheitsversorgung, politische Teilhabe, Wohlstand usw.
Doch ein System, das immer mehr will, bietet auf Dauer für immer weniger dieser Errungenschaften Platz. Wir sind dabei, unsere kulturelle Identität aufs Spiel zu setzen und für ewiges Wirtschaftswachstum – und damit den immensen Reichtum einiger Weniger – zu opfern.
Dabei sind wir als Gesellschaft in Mitteleuropa selbst diese einigen wenigen Superreichen. Wenn wir weiter so agieren wie bisher, riskieren wir unseren Zusammenhalt und unsere Beziehungen untereinander. Sinnentfremdete, nur noch auf einzelne, losgelöste Tätigkeiten reduzierte Arbeit trübt unseren Blick aufs Große und Ganze.
Keine Hilfe „von oben“
In einer Zeit, in der die Auswirkungen der Systemkrise auch den wohlhabenden und reichen Gesellschaften wie der unseren immer näher rücken und zusetzen, stellt sich die Frage, was wir tun können, um den Idealen der Menschenrechtsdeklaration näher zu kommen bzw. sie nicht immer weiter aus den Augen zu verlieren.
Eines wird immer deutlicher: Es ist nicht die klassische Parteipolitik, die demokratische Gleichheitsrechte für uns herstellen kann, schon gar nicht für alle Menschen. Im Gegenteil – die Politik ist genauso Opfer des Konsumtotalitarismus und im System des dauerhaften wirtschaftlichen Wachstums gefangen. Sie vertritt daher fast zwangsläufig nur noch die partikularen Interessen ihrer jeweiligen Klientel und eines pervertierten Wirtschaftsdogmas des „Alles immer und immer mehr“.
Nehmen wir die Utopie der Menschenrechtsdeklaration ernst (und das sollten wir nicht nur am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, tun). Wollen wir ihren Zielen zumindest näher kommen, heißt es, sich von der Delegationsdemokratie zu verabschieden und selbst aktiv zu werden und sich auf die tief sitzenden menschlichen Bedürfnisse zu besinnen, deren Befriedigung aus unserem Leben ein gutes Leben macht.
Der Ursprünge besinnen
Nicht immer neuere Technologien und High- bzw. Greentech-Produkte sind es, die das gute Leben des Einzelnen innerhalb unserer Gesellschaft sicherstellen. Es sind die Fähigkeiten, die Kinder mitbringen und die wir auch aus gutem Grund an unseren Kindern und ihrer Entwicklung fördern wollen, auf die wir uns berufen und besinnen können.
Erst wenn wir zurückkehren zu unserem tief verankerten Bewusstsein für Schönheit, Handwerk, Kunst, Kreativität und Beziehung, werden wir auch unser destruktives Verhalten ändern können. Die Aufgabe von vielem, was uns heute noch so erstrebenswert erscheint, aber unser Glück längst nicht mehr nährt, ist in Wahrheit kein Verlust, sondern ein Gewinn.
Viele fühlen sich ausgebrannt, leer und sind orientierungslos. Die noch vor einigen Jahren so aufregenden Flug- oder Urlaubsreisen, das neueste (ökologischere) Auto, jährlich mehrmals wechselnde modische Bekleidung oder Möbel als Wegwerfaccessoirs dienen mittlerweile eher zur Betäubung der Gewissheit, dass wir als Menschheit dabei sind, den Ast anzusägen, auf dem wir leben.
Zukunft neu erfinden
Wenn wir die Utopie der Menschenrechte nicht aus den Augen verlieren wollen, müssen wir schon jetzt diesen Anspruch in unser Leben und in unseren Alltag viel deutlicher integrieren, als es zurzeit geschieht. Das heißt auch, dass wir uns dagegen wehren, dass uns für die wirklich wichtigen Dinge im Leben immer weniger Zeit bleibt. Nicht zufällig sprechen Menschen kurz vor ihrem Ableben von den wichtigen Dingen des Lebens – und die sind immer andere als jene, denen wir im Alltag hinterherhetzen.
Es ist an der Zeit, eine neue Geschichte über unsere Zukunft zu erzählen – und Bilder von einem gemeinsamen Gelingen zu schaffen.
Mit Coloured Chairs wollen wir gemeinsam eines dieser Bilder schaffen, die uns eine alternative Geschichte erzählen. Eine Geschichte von einem konsum- und kommerzfreien Feiertag mitten im vom stillen zum Schreihals verkommenen Advent.
Kreatives Bewusstsein wieder erwecken
Nimm deinen Sessel, streiche ihn bunt und stell ihn in den öffentlichen Raum. Dieser künstlerisch-kreative Akt soll uns auch daran erinnern, dass wir selbst die Künstler unseres Lebens sind, dass wir unser Leben selbst in die Hand nehmen, gestalten und formen können. Unabhängig von alternativlos gewordenen Systemen, die nur noch der verzweifelten Selbsterhaltung dienen und dabei immer mehr Menschen ausgrenzen müssen.
Achsamkeit, Kreativität und Lebensfreude sind tief in uns verwurzelte Eigenschaften, die es zu wecken gilt und die wir an diesem Tag gemeinsam sichtbar machen wollen.
Nehmen wir uns ein Beispiel an unseren Kindern, an ihrer Kraft, an ihrem Drang, die Welt zu erfahren und sie mit ihrer Energie und ihrer Lebensfreude zu einem lebendigen Ort zu machen, in dem für mehr Platz ist als für mehr von immer dem Gleichen. Es könnte immer auch alles ganz anders sein.
Wir müssen uns nicht auf eine gemeinsame Zukunft einigen, bevor wir damit beginnen, sie zu gestalten. Gerade das Ringen um ein gemeinsames Bild unserer Zukunft lässt uns in der destruktiven Gegenwart verharren. Coloured Chairs schafft ein gemeinsames Bild der unendlichen Möglichkeiten für jeden Einzelnen von uns.
Schaffen wir uns selbst eine Gelegenheit, unsere ressourcenfressende Lebensweise ohne Zwänge zu überdenken, indem wir unsere eigenen, uns allen innewohnenden künstleirischen Fähigkeiten in Schwung bringen, denn letztendlich können wir auch unseren Kindern kaum etwas Besseres wünschen und mit auf den Weg geben als Kreativität und soziale Kompetenz – und damit die Stärke, dem eigenen Urverlangen, sich selbst zum Ausdruck zu bringen, ein Leben lang folgen zu können.
Frei für alle
Coloured Chairs ist ein freies Projekt. Das heißt, dass jeder an diesem Projekt teilnehmen kann, um es zu ermöglichen, gleichzeitig aber auch jeder zum Betreiber dieser Idee werden kann, um es zu verbreiten. Mit den sozialen Medien haben wir die Möglichkeit, uns zu vernetzen. Wer seinen Sessel nur einfach vor seine Haustüre stellen möchte, soll genau das tun. Wer einen Platz bestimmen möchte, der dazu geeignet ist, viele dieser bunten Sessel zu versammeln, soll ihn definieren und bekannt machen. In nachbarschaftlicher Vereinbarung können dort Punsch ausgeschenkt werden, Kekse oder Brötchen angeboten oder auch musiziert oder einfach nur getratscht, gelacht und Gedanken und Ideen ausgetauscht werden.
Coloured Chairs ist für jeden offen, es bestehen keine Beschränkungen in Bezug auf das verwendete Matierial, die Gestaltungsmöglichkeiten etc. Im krativen Akt der Gestaltung sind wir selbstgenügsam und treten so mit uns selbst in Beziehung – und dadurch mit anderen.